Freitag, 6. Mai 2016

Sexualisierung der Muskelmaedels? --- Einige Gedanken



Stahlharte Muckis, von ihrer Besitzerin
erotisierend präsentiert ...
Sexualisierung der Muskelmaedels? So ungefähr lautet die Fragestellung, die allenthalben durchs Web geistert, zum Teil noch mit stärkerer Wortwahl wie etwa "Pornorisierung" versehen. Und alles mit dem Gedanken, be- oder unterbewusst, der Skandalisierung einer Sportart, ihrer Hauptakteurinnen und deren Anhängern. Geschieht das zu Recht?
Hartes Training für starke Muckis und sexy dabei
aussehen - das konnte Kay Baxter!

Meine Antworten darauf habe ich mit, wie es so schön heißt, einschlägigem Bildmaterial illustriert. Zum einen, weil das querbeet dokumentiert, wie viele sexuell aufgeladene Motive es rund ums Thema Muskelmaedels gibt, nicht erst seit heute. Und zum anderen - ey, das hier ist keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern ein Blog. Und der will auch seinem Thema entsprechend gefallen und unterhalten. Also.


Die Pose macht's, lenkt sie doch des Mannes
Auge dorthin, wo er immer wieder gern ist ...

Nochmal also: Besteht die eingangs genannte Annahme zu Recht? Natürlich lautet die Antwort in einem Blog wie Muskelmaedels.blogspot.de "nein". Denn das Phänomen ist alles andere als neu. Die Annahme, diese Sexualisierung fände erstmals jetzt statt, stimmt nicht oder allenfalls nur bedingt. Und damit fehlt auch die Berechtigung, um von Skandalisierung zu reden. Denn derlei ist immer an einen aktuellen Vorgang geknüpft. Das macht nämlich den eigentlichen Reiz eines Skandals, eines als allgemein unerhört-empörend empfundenen Ärgernisses, aus, da der immer ans gesellschaftliche Empfinden des jeweiligen Jetzt geknüpft ist. (Ein Beispiel --- 1950: Hoher Minister oder großer Kinsostar schwul = Skandal. Und 2016: Hoher Minister oder großer Kinostar schwul = ja und?)

Muskelmaedel mit auf
entsprechende
Wirkung hin zugeschnittenem
Minimaloutfit
Zudem würde das ja voraussetzen, dass der Sport zu Anfang oder zumindest in früheren Zeiten sozusagen "sexualfrei" und "skandalfrei" gewesen sei. Was natürlich nicht stimmen kann. Das Folgende soll weder das Frauenbodybuilding reinwaschen noch die genannte Sexualisierung leugnen, sondern nur gleichsam die Perspektive geraderücken.

Superbizeps präsentiert in
Kombination mit nach wie vor
verrucht anmutenden
Netzstrümpfen

Denn selbstverständlich ist die Welt der Muskelmaedels sexualisiert und skandalisiert. Die Sexualisierung fängt schon damit an, dass sich die Damen bei den Wettkämpfen so knapp bekleidet wie in keiner anderen Sporart zeigen, wobei es in diesem Sport nicht um die Leistung geht, erbracht vom Körper als Mittel zum Zweck. Nein, es geht um den Körper an sich. Und egal, wie offen, locker, sittlich unbestimmt oder dekadent wir auch werden, das explizit Physische wird immer sexuell aufgeladen sein. Aber das ist ebenso wenig neu wie die Forderung, bei Athleten unabhängig vom Geschlecht nicht das äußere Erscheiungsbild zu beachten - was Bodybuilding-Wettkämpfe ad absurdum führen würde.
 
Nataliyas Hammer-Arm
im Verbund mit
Hammer-Kleid.
Die Frage mit Sexualisierung/Skandalisierung bezieht sich nicht nur auf den Umstand, dass es bis heute immer noch anstößig ist, wenn eine Frau Supermuckis aufbaut und "aussieht wie ein Mann" (auf die Quintesssenz lassen sich noch immer viele Mainstream-Zeitungsartikel, Online-Posts und TV-Berichte bringen). Eine Bodybuilderin polarisiert immer noch die meisten Leute, das ist nun mal so. Auch wenn man das mit der Vermännlichung locker auskontern kann - "leidet" dann jeder Mann, der nicht aussieht wie He-Man von Masters of the Universe, an Verweiblichung? Aber Muskelmaedels passen nicht ins tradierte Rollenbild, weichen von der Norm des Weiblichen ab - das ist natürlich ein skandalisiertes Sex-Ding.

Einfach nur ein Granatenarm!
Auch geht es mir mit der Skandalisierung weniger um die obligatorische Dopingdebatte oder die immer wieder vor allem aus den USA zu lesenden Berichte, denenzufolge wackere Polizisten mal wieder eine sittenlose Frau (in dem Fall mit Muskeln) hochgenommen haben. Dies beim Anbahnen eines moralisch wie gesetzlich verwerflichen Geschäfts mit einem ebenso sittenlosen Freier. Genauer: Mit dem, was heute schön dramatisch "V-Mann" heißt und früher "Lockvogel". Das alles gibt es ebenso wie die unzähligen auf sexuelle Stimulierung bedachten Filmchen im Web oder den Umstand, dass manches Muskelmaedel ebenso erfolgreich ist als Athletin wie als Sexfilmdarstellerin. Es gibt keinen Grund, das zu leugnen. Aber auch das ist nicht das Thema.

Bodybuilding ist nur Sport, nix Erotik? Ja nee, iss klar ...
Es geht um das Geschäft, das mit Bodybuilderinnen gemacht wird beziehungsweise das sie selber machen. Und das Business, so die immer wieder zu hörende These, werde zunehmend mehr sexualisiert. Stimmt das?

Dass ich das Bild gemacht habe, weiß ich - jedoch
ist mir unklar, wie ich das überlebt habe!
Nur bedingt. Denn das Geschäft der Sexualisierung des Frauenbodybuilding hat durch das Internet und durch die Digitalisierung der Kameratechnik eine Potenzierung erfahren, heute sind selbst richtig "pornomatige" Fotos auch von Weltklasse-Athletinnen nur so weit weg wie das Eintippen des richtigen und zielführenden Schlagworts.


Starke Frau quält dicken Mann und haut ihn blutig.
Wer's mag! Mir fehlt bei solchen Streifen immer eine
Prise Humor, DER ist mir auch bei Thema Nr. 1 wichtig ...

Und mancher sieht genau in solchem Bild- und Filmmaterial das Übel - in nackten oder milieugemäß angezogenen Athletinnen, die sich gleich mit mehreren Gespielen zum Zwecke der Begattung auf allen erdenklichen Unterlagen räkeln. Die in unzweideutiger Weise mit männlichen Körperteilen so umgehen wie andere eine Portion Speiseeis schlecken. Die sich in ebenso unzweideutiger Weise aus thermoplastischem Kunststoff bestehende und mitunter riesenhaft vergrößerte Nachbildungen gerade eben genannter Körperteile um die gestählten Hüften schnallen und die dann damit das tun, wofür die Industrie derartiges Gummizeugs nun einmal anfertigt. Und nicht zu vergessen die Filme, in den sexy gekleidete Frauen mit ihren Muskeln brutalst Männer unterjochen, demütigen oder gar mit Splatter-Movie-artigem Filmblutgespritze umbringen ... auch nicht alles unbedingt meins.

Fetisch mit gleich zwei
Muskelmaedels als Domina.
Sondra und Vilma.

Man mag das in tutto eklig und pervers finden und für einen Verrat an der Reinheit eines an sich wohltuenden, schönen Sports halten, zugestanden. Aber das ignoriert dann, dass es ja Athletinnen aus diesem Sport sind, die so etwas tun. Freiwillig, wie man annehmen darf. Das heißt also, dass dieser Pornoaspekt schon zumindest mittelbar mit diesem Sport zusammenhängt, in diesem Falle also dem Bodybuildung. Aber nur, weil die entsprechenden Bilderlein und Filmchen, die dazugehörigen Video-Portale (großes Wort ...) allgegenwärtig erreichbar sind, heißt das nicht, dass der dazugehörende Trend neu ist und dass damit auch die Skandalisierung erst mit dem digitalen Zeitalter angefangen hätte.


Ach ja, würde ich auch gern mal wieder ...

Diese Entwicklung hat ihre Wurzeln vielmehr in den Anfängen der Bodybuilding-Sportart, also in der Zeit vorm Ersten Weltkrieg. Schon da stand der Vorwurf im Raum, dass jenseits der Bühne seitens manches Athleten mit bezahlfreudigen Männlein und Weiblein schmuddelige Dinge liefen. Es gab Gerüchte, die selbst vor dem "Großen Sandow" und damit einem der seinerzeit weltbekannten Vorreiter des modernen Muskelkults nicht haltmachten.

Träume, wie sie nur Muskelmaedel-Fetischisten haben ...

Ja, man kann noch weiter zurückgehen. Da stellt man fest, dass viele der "Strongmen" und der selteneren "Strongwomen" des 18. und 19. Jahrhundert auf breiter Ebene nie als sportliche Vorbilder wahrgenommen wurden, sondern immer als leicht anrüchiges Phänomen aus dem Umfeld von Varieté und Zirkus und damit aus dem, was man früher "Halbwelt" nannnte.

Ihre Kraft und Überlegenheit zu spüren ...

Wie übrigens auch die in der Literatur des 19. Jahrhunderts gern genommenen "Kunstreiterinnen", die als ein Urbild der femme scandaleuse galten. Also als Frauen, die gegen bei Adel und Bürgertum geltende Rollenkonventionen verstießen - unter anderem eben durch ihre Körperertüchtigung und ihr als männlich geltendes reiterisches Geschick. Und beides war skandalös. (Zumindest für alle vom Bürger aufwärts. Damit aber nicht für die Leute, die bis zur Industriellen Revolution die Masse der Bevölkerung bildeten - die Bauern. Da gab es zwar auch geschlechtsgebundene Aufgaben und Rollenverteilungen, aber im Notfall musste der Mann beim Kinderkriegen Hebamme spielen und die Frau die Pferde beschlagen - da war für die überkandidelten Ansichten vor allem bürgerlicher Kulturtheoretiker kein Platz.)

Stark und sexy: Charmion
zeigt, was sie hat.

Ein Beispiel für ein solches Varietéphänomen war die Kalifornierin Laverie Vallee geborene Cooper (1875 bis 1949), besser bekannt als Charmion: Diese für ihre muskulösen Arme und ihren kraftvollen Rücken bekannte Trapezartistin aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende war ein kleiner Star des Varieté, bekannt für ihren in der Luft durchgeführten Striptease. Und der wurde anno 1901 sogar von für den berühmten amerikanischen Erfinder Thomas Alva Edison tätigen Kameraleuten auf  Film festgehalten - also auf einem damals brandneuen Medium.
Charmion at work. Was in Sachen Kleidung
heute putzig wirkt, war seinerzeit ebenso
gewagt-skandalös wie das Posen zum
Zwecke des Bizeps-Vorführens ...



Nur, dass das damals nicht so wahrgenommen wurde wie heute die Präsentation der neuesten Entwicklung etwa der Firma mit dem angebissenen Apfel oder als künstlerische Performance, sprich: als durchaus verführerisches, aber auch als intelligentes, wagemutiges Spiel mit dem Geschlechtlichen. Statt dessen war dieser Kurzfilm wie alles Filmische etwas, das damals als billiges und moralisch verwerfliches Unterschichtenvergnügen galt.

Zirkusartistin der Wilhelminischen
Zeit: Super-Arm!
Also auch jenseits von Charmions gefilmtem Striptease war der Film an sich erst einmal nichts, mit dem sich die in Sachen Kultur tonangebenden Leute von Welt befassten (abgesehen von weitsichtigen und finanzcleveren Erfindern wie Edison). Übrigens waren die heute belächelten, mit billigem Flitter und Glitzersteinchen besetzten Kostüme der Zirkusathletinnnen und frühen Kraftsportlerinnen aus der Sicht der Wilhelminischen/Viktorianischen Ära mindestens so anstößig wie heute ein Pornofilmchen im Nonnenkloster. Und nur so nebenbei: Der große Erfinder Edison war wohl ein Fan der ebenso starken wie erotischen Charmion ...

Er vergeht fast, sie nimmt's locker: Das Bild
ist aus mindestens drei Fotos collagiert, die
Maße der Dame übersteigert: Die Bildbearbeitung
sorgt à la CGI und Kino dafür, dass Wunschträume
zumindest sichtbar werden. So eine Visualisierung
ging zuvor nur nur per Zeichnen und Malen.



In Comics geht und gibt es alles,
auch Superduper-Muckigirls ...
Um es kurz zu fassen: Die Sexualisierung war immer da. Es gab immer Leute, die auf muskulöse Frauen standen. Historisch-psychologisch gesehen, ist das Phänomen von "Sthenolagnia" und"Cratolagnia", wie man das Sexual-Erregt-Werden durch Kraft undMuskulosität nennt, ja wohl schon immer in der Welt gewesen. Die ganze Kultur mit erotischer Dominierung des Mannes durch die Frau gibt es ja ebenfalls schon sehr lange. Das FBB bringt da lediglich eine neue Facette, wenn man von Bodybuilderinnen wegen ihres Körperbaus entsprechend phantasiert, wenn sich Bodybuilderinnen als Dominas betätigen oder wenn Dominas beginnen, Muskeln aufzubauen.

Muscle Worship auf  Papier

Es liegt nun nahe, anzunehmen, dass diese Aspekte sicher stärker betont sind/waren in einer Welt, deren Kultur auf extreme Unterschiede zwischen Mann und Frau setzt/e. Folglich müsste in unserer durchgenderisierten Welt, in der alles offen stattfindet, der stimulierende Reiz des Geächteten, des Verbotenen, des Heimlichen, des nicht zum Rollenbild Passenden verschwinden, oder?

Selbst der alte Comic-Klassiker "Archie"
zum Leben eines US-Teenagers wurde
durch muskelmaedelbegeisterte
Bildbearbeiter abgewandelt: Als "Artie" ist
er ein dauererregter FBB-Fan - ein Beleg
zur sexuellen Konnotation dieses Sports
Das Gegenteil ist aus meiner Sicht richtig. Denn natürlich sind die tradierten Rollenbilder stärker als die als unumstößlich gepriesenen Neuerungen im Verhältnis zwischen den Geschlechtern. Zumal diese Neuerungen zwar Toleranz behaupten und in bestimmten Bereichen auch erreichen, aber dafür an anderer Stelle auch eindeutig nicht Gewünschtes bewusst ausgrenzen.

Auch auf diesem Bild zeigt Artie,
wie unübersehbar gut ihm
muskulöse Frauen gefallen ...

Und ich als lange Jahre tätiger Beobachter der Muskelmaedel-Welt behaupte mal, dass gerade in den Kreisen der Genderisten muskulöse Frauen und ihre Bewunderer nicht so richtig gesellschaftsfähig sind. Dies deshalb, weil der Blick auf das Körperliche im Bodybuilding ja nun wesentlich ist, der Feminismus aber stets gegen eine Reduktion der Frau aufs rein Physische gekämpft hat - da erscheint eine derartige Konzentration aufs Äußere unvereinbar und verstörend, vor allem dann, wenn nun Frauen die geistigen Aspekte des Feminismus' ignorieren und sich selber mit Hingabe so auf ihren Body konzentrieren und zudem ebenso passioniert alle Tricks zum Betonen des Weiblichen anwenden.

Auch im Comic dominieren
starke Frauen schwache Männer -
hier auf einem Bild von Martin,
erstellt für LH-Art
Sex also nix Neues, auf die Formel lässt sich das verkürzen. Das moderne Bodybuilding der Frauen begann daher auch schon recht früh, sich mit Themen wie "Muskulöse Frau zeigt den Kerlen ihre Kraft", "Männer bewundern Muskelmaedels", "Muskelfrau posiert" oder "Schwaches gegen starkes Geschlecht" zu befassen, wobei diese Eigenschaftswörter natürlich entgegen der üblichen Zuordnung zu verstehen sind.

Er weiß noch nicht, was er
von diesem starken Arm
 halten soll - die Besitzerin
hat ihren Spaß ... Bild
vom Comic-Künstler Yatz
Die Umsetzung geschah in jedem erdenklichen Medium und in jeder Art von Wort und Bild. Unter anderem in Gestalt von Comics, welche den Fetisch-Charakter ebenso betonten wie sie oft ein extremes Maß an Gewalt zeigten. Zudem entwickelte sich gerade bei den gezeichneten Geschichten eine Fetisch-Unterkategorie in Form von Bildern und Stories von mitunter grotesk übersteigerten muskulösen Riesinnen.

Sowas wie auf der Zeichnung
von LoSarro geht dann wirklich 
nur im Comic ...

Insgesamt sei das Publizistische so zusammengefasst: Rund um das Thema der extrem muskulösen Frau reichte die Spanne von harmlosen Posing-Fotoserien bis hin zu unübersehbar Pornographischem. Also überall ging es um Sex, mal mehr, mal minder explizit. Ja, das war selbst so bei Zeitschriften wie "Women's Physique World", die sich mit der Geschichte des Sports und seiner Dokumentation, mit der Portraitierung des Frauenmuskelsports und seiner Protagonistinnen beschäftigten. Diese Blätter kamen bei als Illustrationen ihrer Artikel dienenden Fotos nicht umhin, die Frauen gern in knappen, eng anliegenden Sächelchen zu zeigen, dazu mit hochhackigen Schuhen und stets perfekt hergerichtet: Sex sells. Und, by the way, das werden auch nassforsche und moralinsaure Justizminister nicht verhindern ...

Und auch das ist dem Traum
des Zeichners Abraxas entsprungen ...

Auch gab/gibt es Filme der Kategorie "Underground Movie" mitunter Verfilmungen von Comics. Eine der Pionierinnen als Darstellerin war die legendäre "muscle goddess" Kay Baxter. Sie zeigte bei ihren Rollen etwa in "Maid of Metal" nicht nur einen dank Hantelsport ebenso muskulös-gestählten wie dank langem Tanztraining auch geschmeidigen Körper, sondern auch eine außerordentliche erotische Ausstrahlung --- und ein meiner Ansicht nach hohes schauspielerisches Talent sowie einen Sinn für Humor, der auf mich mindestens ebenso erotisch wirkte wie ihr Erscheinungsbild. Leider ist sie 1988 infolge eines Verkehrsunfalls viel zu früh verstorben.

Kay Baxter, gezeichnet
vom Verfasser
Nur --- die Vermarktung dieser und vieler anderer Muskelmaedel-Stories, -Fotos und -Filme erfolgte erst einmal sozusagen unter der Ladentheke, in Kleinanzeigen von Catcher-Magazinen und anderen nicht gerade zur Hochliteratur zählenden Druckerzeugnissen. Zeitweilig schaffte sogar ein Hochglanzmagazin namens "Muscle Elegance", aus der erotischen Inszenierung muskulöser Frauen Kapital zu schlagen.

Denise Masino bei einer
Entspannungsübung


Dahinter stand vor allem eine geschäftstüchtige und zudem des klugen Schreibens mächtige Frau: Denise Masino, geborene Sanchez, auch sie eine Bodybuilderin (und nur zu Anfang von ihrem damaligen Mann unterstützt). Und sie war jemand, der infolge umwerfenden Aussehens mit herrlichem Gesicht und prachtvollen Muckis und einer ensprechend offensiven Persönlichkeit wie gemacht war, sich in jeder erdenklichen, anzüglichen Pose vor der Kamera zu räkeln. Auch sie ein Vorbild für das, was viele Bodybuilderinnen heute zum Gelderwerb online tun.

Denise Masino - diese Ausstrahlung
und dazu diese lässig angespannten
Arme: mein Blutdruck!

Das alles aber ist aus Sicht der Fans nur Erleben aus zweiter Hand - was das natürlich von jeher toppt, sind Treffen mit einem Muskelmaedel. "Muscle Worship Session" ist der Oberbegriff, bei dem alles geht vom Muskeln-Bewundern und-Einölen über Kraftvergleiche und Dominiert-werden bis hin zu -- ja, genau, bis zu explizit sexuellen Handlungen. Das wurde in diesem Blog ja schon oft genug thematisiert (es sei auf die "Label"-Leiste rechts und die dort verlinkten Artikel etwa zum Thema "Session" verwiesen).

Und immer wieder erregend ...

Nun, wie angedeutet, ist auch das eben NICHTS Neues. Nur ist so eine Session heute infolge der allgemeinen Reisefreudigkeit, der günstigen Flüge und dank der durchs Web erleichterten Kontaktaufnahme simpler und rascher zu bewerkstelligen als früher. Aber mancherorts gilt das Anbieten und Durchführen solcher Events als Prostitution - womöglich ist es das in manchem Fall auch. Und das ist sicher ein Grund für die Anhänger der Skandalisierungsthese.

Wie gesagt: Im Comic geht alles.
Man(n) trifft Muskelmaedel und darf
sofort lauter schöne Dinge tun ...

Warum nun tun Muskelmaedels das? Klar: Geld. Der Sport ist teuer und zeitintensiv, das damit mögliche Einkommen (etwa durch Preisgelder, Modelverträge, Fotoaufträge etc.) minimal bis gering. Warum also nicht das Geld mitnehmen, das Sessions erlauben? Das kann an einem Tag massig Kohle sein, wie ebenfalls in diesem Blog schon mehrfach ausgeführt. Die ein oder andere FBB hat daran womöglich auch Spaß, aber die meisten machen es nur wegen des Geldes und damit, um sich so ihren aufwändigen Sport gegenzufinanzieren.

Nicht gerade ein straßentaugliches
Kleid - obwohl ich nichts gegen
diesen spektakulären Anblick
hätte, oh nein! Klar: Auch hier geht's
um erotische Tändelei ...
Viele in diesem Session-Umfeld tätige Athletinnen haben in jüngerer Zeit aber damit aufgehört. Warum? Es gab Druck. Und damit wären wir bei der unheiligen Rolle, welche die Verbände, allen voran die International Federation of Bodybuilding (IFBB), bei der Sexualisierung und Skandalisierung durch Sexualisierung spielen.

Minimalistischer kann man sich
kaum noch anziehen - doch
kommen so die Bizepsberge
ebenso zur Geltung wie der
stolz gewölbte Straffpopo und die
sexuelle Attraktion von alledem!

Von jeher hat die IFBB im eigenen Sinne über das Image des Sports zu wachen versucht. Lange waren in der IFBB auf Profi-Ebene tätigen Athletinnen Nacktfotos ausdrücklich verboten; wie in der Szene bekannt, hat seinerzeit zum Beispiel die Athletin Anita Ramsey damit mal richtig Ärger bekommen. Als dann jedoch Denise Masino mit ihrem Magazin ankam und kurz danach der Online-Boom losging und sich mit ihm eine unstillbare, stetig schwellende Flut von Fotos jedweden Typs in die Rechner ergoss, da zeigte sich, dass sich das IFBB-Verdikt nicht mehr halten ließ. Angesichts der Datenmenge und der Internet-Verbreitung war eine solche Kontrolle schlichtweg nicht mehr umzusetzen.

Female Muscle Worship mit
Hannie van Aken 
Mit dem Web kam auch eine Zunahme bei den Female Muscle Worship Sessions, das ist sicher richtig - doch noch mal sei klargestellt: Diese Zunahme erfolgte im allgemeinen Rahmen dessen, was sich durch das Web auch in jedem anderen Lebensbereich ausdehnte und vergrößerte.

Keine Frage, wer gewinnt ...
Das ganze Sexuelle war aus Sicht der IFBB-Oberen eins von mehreren Übeln im FBB-Feld, weil das ach so hehre Image des Verbandes beschädigend. Eines Verbandes, der jahrelang vergeblich um Anerkennung seiner Sportart als olympische Disziplin gerungen hat. Eines Verbandes, dem die Supermucki-Muskelmaedel sowieso - und das zunehmend - ein Dorn im Funktionärsauge waren: Solche Sportlerinnen und ihre Wettbewerbe könne man nicht mehr dem Publikum vermitteln. Womit wir erneut bei sexuell geprägtem Rollenverständnis wären.

So müssen Waden aussehen!
Als dann mit Joe und Dr. Benjamin Weider die beiden treibenden Kräfte hinter dem modernen Bodybuilding (und dem Geschäft damit) verblichen waren, begann man mit dem Absägen der Sparte der Turniere für extrem muskulöse Athletinnen und der verstärkten Hinwendung zu der gesellschaftlich angeblich akzeptableren Version dessen, was in Amerika frank und frei als "tits & ass show" bezeichnet wird. Muscle Worship Sessions bei den Athletinnen, das taugt nun prima dazu, diesen Teil des Sports und die ganze Szene drumherum madig zu machen. Verbieten geht aus den genannten  Gründen realistischerweise nicht (mehr), wohl aber kann man Druck machen. Weswegen manche bekannte und bei den Fans beliebte FBB aus dem Session-Betrieb ausgestiegen ist, während andere unter Pseudonymen agieren ...

Hebefigur mit Hannie

Das ganze Vorgehen ist verlogen. Hätte man die Athletinnen verbandsseitig anständig vertreten, hätte man ihre Wettkämpfe ebenso ernst genommen und entsprechend auch so  beworben wie die der Männer (was aus Gründen der Geschlechtergerechtigkeit geboten gewesen wäre), dann wären genug Geld und Publikums-Feedback da gewesen. Auch, um so die als anstößig erachteten Auswüchse bei den Nebenverdiensten im Female Muscle Worship-Feld zu reduzieren.

Eine Boa ist nichts dagegen ...
Nur, dass es mir scheint, man wolle eben das eben nicht. Damit aber wurde die in den USA herrschende Verklemmtheit bedient und die Sex- & Skandal-Karte ausgespielt - neben der immer wieder zu hörenden Aussage, die Hardcore-Muskelmaedels wären dem Publikum nicht vermittelbar. Immerhin war und ist das ja das Heimatland und der Hochburg des Frauenbodybuilding. Und diese Prüderie herrscht hier im großen Verband trotz (oder wegen) der sexuellen Revolution - auch diejenige in puncto traditioneller Rollenbilder bei Mann und Frau. Ich frage mich dabei nur, ob das angebliche Kein-Publikum-Finden am Geschlecht liegt oder eher daran, dass die Erscheinungsform der Athleten in der Leistungsspitze bei den meisten Leuten als "freaky" angesehen wird und nicht als erstrebenswert. Das aber gilt dann genderübergreifend. 

Jetzt noch verknoten ...

Noch einmal: Natürlich ist Frauenbodybuilding sexualisiert. Und skandalisiert. Ja und? Gegenprobe: Beides trifft auch aufs Männerbodybuilding zu, Sexaffären und Prostitution aus Geldbeschaffungsgründen lassen sich doch hier auch immer wieder nachweisen. Selbst der österreichisch-kalifornischen Lichtgestalt des Muskelsports hat mancher Biograph so etwas schon nachgesagt. Die dazugehörige und in Sachen Obszönität (wenn man dass so sehen will) eindeutige Bilderflut ist ähnlich groß wie bei den Frauen. Und selbstverständlich ist auch die restliche Sportwelt sexuell aufgeladen und/oder skandalumwittert.

Zur Abwechslung mal im Tiger-Outfit
Man könnte übrigens auch aus der (angeblichen) Not eine Tugend machen, das Wrestling macht das seit Jahrren vor. Und im Pop-Musik-Bereich ist das Durchbrechen und Spielen mit Geschlechterrollen seit Jahren ein Erfolgsrezept für Stars wie David Bowie, Alice Cooper, Prince, Mick Jagger, Madonna, Kiss und die ganzen Glamrocker aus meiner Jugendzeit.

Carmella Cureton mit neckischem
Hemdchen, harten Muskeln und
taffem Blick - auch das Foto hat eine
eindeutige sexuelle Botschaft. Ich
habe nichts dagegen ...
Halten wir fest: Das Web hat bei dem Muskelmaedel-Thema das vergrößert und wachsen lassen, was vorher schon längst etabliert war. Aber das gilt für alle per Internet verbreitbaren Themen. Hinzu kommt, dass nun manche Frau ihre muskulöse Körperlichkeit vor allem durch entsprechendes Bildmaterial selbst vermarktet, mal mehr, mal minder geschickt - diese Eigenvermarktung wiederum ist recht neu, noch vor gut einer Generation haben daran vor allem die Zeitschriftenverleger verdient. Aber auch das ist ein allgemeiner Web-Trend.

Muskelmaedel beim Flirten mit der Kamera ...
In diesem allgemeinen, weltumspannenden Text-, Film- und Foto-Boom nun "Skandal!" zu schreien, das kann nur der, der bewusst selektiv argumentiert und so die Wahrheit durch Ausblendung korrespondierender Tatsachen und damit eines universalen Trends verzerrt. Mal abgesehen davon, dass die ganzen Sex-Sachen über die jeweiligen sportlichen und athletischen Leistungen ja nun überhaupt nichts aussagen: Man trenne das, was jemand privat tut, von dem, was auf der Bühne gefordert ist. Und: Nur weil ich als Fan eine Bodybuilderin sexualisiere, heißt das weder, dass ich ihre Leistung schmälere, noch, dass ich sie wegen dieses Verbindens von Monetärem und Sexuellem als Person abwerte. 

Hammer-Rücken, dazu diese
unglaublichen Bizepse!
Der eigentliche Skandal ist der Umgang mit den Sportlerinnen durch ausgerechnet den Verband, der das Augenmerk der Welt erst auf die supermuskulöse Frau gelenkt und so zig andere Sportlerinnen inspiriert hat - nur um die heutigen Aktiven im Regen stehen zu lassen. Dies - wieder ausgerechnet - durch den Verweis auf das Geschlechtliche und damit durch einen Rückzug in eng gesteckte sozio- und psychosexuelle Grenzen, mit deren Durchbrechen man vor gut 30, 40 Jahren sportpolitisch wie gesellschaftlich Furore gemacht hat.

Liebling, machst du mir
mal das Kleid zu, während
ich noch ein bisschen Eisen
pumpe?

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